Topthema Klimaschutz: Die EU-Kommission in Brüssel berät derzeit über den Beitrag von Reifen zum Klimaschutz. Diskutiert wird hierbei auch eine Vorgabe zum Rollwiderstand, dessen Verminderung Kraftstoff einspart und somit den CO2-Ausstoß minimiert.

Was kaum jemand weiß: Eine Verminderung des Rollwiderstands verschlechtert die Bremskraft auf nasser Fahrbahn, verlängert den Bremsweg und erhöht damit die Aufprallgeschwindigkeit bei einem Unfall.

Die Reifenindustrie forscht weltweit in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern an Universitäten nach dem Reifen, der im Zielkonflikt stehende Anforderungen optimal vereint – hohe Bremskraft und Laufleistung, niedriger Lauflärm und ein möglichst geringer Kraftstoffverbrauch, gekoppelt an den so genannten Rollwiderstand, dessen Höhe direkt den CO2-Ausstoß beeinflusst.

In den vergangenen Jahren konnten in der Entwicklung dieses rundum optimalen Reifens erhebliche Fortschritte verzeichnet werden. Dennoch sind die Produkte der weltweit führenden Hersteller immer noch ein Kompromiss hinsichtlich der Gewichtung der genannten wichtigen Kriterien. Selbst Hersteller ohne umfassendes technisches Know-how können heute Reifen allein auf niedrigen Rollwiderstand und somit geringeren Kraftstoffverbrauch trimmen.

Bei solch einseitig ausgelegten Produkten steigen die Bremswege auf nasser Fahrbahn dramatisch an, da Rollwiderstand und Nassgriff durch physikalische Grundgesetze unmittelbar aneinander gekoppelt sind. Daher gilt: Je besser die Nassgriffeigenschaften, umso kürzer der Bremsweg auf nasser Fahrbahn, daraus ergibt sich im Umkehrschluss zwangsläufig aber ein höherer Rollwiderstand.

„Unabhängige Reifentests und die Erfahrungen an den Prüfständen der Wissenschaftler zeigen den generellen Zielkonflikt in der Reifenentwicklung sehr gut auf. Sie machen deutlich, dass die Konzentration auf ein einzelnes Kriterium, wie zum Beispiel den Rollwiderstand, zu kurz greift“, sagt Dr. Burkhard Wies, Leiter der Pkw-Reifenentwicklung für das weltweite Ersatzgeschäft von Continental. „Schon ein um zehn Prozent reduzierter Rollwiderstand bewirkt, dass sich der Bremsweg eines Pkw bei einer Vollbremsung aus 100 km/h auf nasser Fahrbahn um rund acht Meter verlängert. Dabei würde ein so bereifter Wagen mit einer Restgeschwindigkeit von 35 km/h auf seinen Vordermann mit ausgewogener Bereifung aufprallen.”

conti Ein niedrigerer Rollwiderstand mit verlängertem Bremsweg und erhöhter Aufprallgeschwindigkeit vergrößert das Risiko, bei einem Unfall verletzt oder bei hohen Geschwindigkeiten sogar getötet zu werden. Dies wiederum konterkariert die Ziele der European Road Safety Charter, die Zahl der Verkehrstoten in Europa bis 2010 auf 25.000 zu halbieren.

Die Auslegung von Reifen ausschließlich auf niedrigen Rollwiderstand beurteilen unabhängige Instanzen kritisch. Die Experten des Automobil Club Europa (ACE) beurteilen in Zusammenarbeit mit der Sachverständigenorganisation GTÜ in ihrem Sommerreifentest (ACE Lenkrad, Heft 4, April 2008) die Reifeneigenschaften Nassbremsen, Rollwiderstand und Kosten und verleihen zwei Continental-Produkten den ersten Preis.

Auch der aktuelle Sommerreifentest des ADAC (ADAC Motorwelt, März 2008) zeichnet die sicheren Reifen von Continental aus und warnt vor dem gefährlichen Trend der einseitigen Rollwiderstands-Optimierung.